Die Kirche von Michelsberg
Die Michelsberger Kirche ist eine der ältesten Kirchen in der Umgebung. Es handelt sich bei dem Gebäude um einen zweijochigen romanischen Saalbau mit Rechteckchor. Die Bauzeit fällt wohl in die Mitte bzw. das Ende des 12. Jahrhunderts. Merkwürdigerweise ist damit die Kirche älter als die urkundliche Ersterwähnung des Dorfes Michelsberg, die erst im Jahre 1256 erfolgte.
Ein Blick auf Michelsberger Kirche
Aus jener Bauzeit sind heute noch mehrere Merkmale erhalten. Beispielsweise die Nordseite des Baus, welche aus unregelmäßigem, kleinteiligem Bruchstein besteht und mit zwei rundbogigen ehemaligen Fensteröffnungen versehen ist. Ebenso ist das südliche Chorportal aus diesem Material gemauert, wobei hier noch eine weitere Besonderheit aus dieser Zeit zu finden ist, nämlich ein spitzer Dreiecksgiebelsturz über einem vermauerten hochmittelalterlichen Portal. In der Mitte des Giebelsturzes befindet sich ein kleines Kreuz mit Kreis. Seine rechteckigen Balkenenden kennzeichnen es als gleicharmiges ( griechisches ) Krukenkreuz, das von einer Wulst in der Art eines Taues umschlossen ist.
Das hochmittelalterliche Eingangsportal mit Giebelkreuz
Aus späterer Zeit, nämlich aus dem Jahre 1575 stammt die Eckquaderung mit breitem Randschlag und gepicktem Schild. Ende des 17. Jahrhunderts wurde im Inneren des Gebäudes die Balkendecke mit Unterzug auf einem profilierten Achteckpfeiler eingezogen und ein Fruchtspeicher als Fachwerkkonstruktion mit geschwungenen Eck- und Zwischenstreben aufgesetzt. Gleichzeitig erhielt die Kirche bei diesen Arbeiten ihren heutigen Glockenturm. Im Jahre 1844 führte man dann den Einbau von Rechteckfenstern und dem Eingangsportal in Werksteinfassung sowie die Erneuerung der Chorostwand mit Sandsteinquadermauerwerk durch. Die Jahreszahl wurde von den damaligen Baumeistern über der Eingangstür festgehalten.
Der heutige Eingang zur Kirche
Schließlich erfolgte Mitte der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts eine Restauration des Außenmauerwerks und zu guter Letzt eine viele Jahre bis 1995 dauernde vollständige Renovierung der Kirche von innen und außen. Dabei wurden beispielsweise das Dach samt des Kirchturms erneuert und aufgrund der schädlichen Witterungseinflüsse die Fachwerkaußenwände bis auf die Nord- und Ostseite verschindelt, sowie der Eingangsbereich einschließlich des Zugangsweges neu gestaltet. Im Inneren wurde ein neuer Boden gelegt, die Beleuchtung ausgewechselt und ein neuer Anstrich aufgetragen.
Das frisch renovierte Innere der Kirche
Bis heute besitzt die Michelsberger Kirche daher eine hohe künstlerische und geschichtliche Bedeutung als eine in der Grundform und in wesentlichen Teilen des Mauerwerks erhaltene romanische Pfarrkirche einschließlich des Speicheraufbaus aus dem 17. Jahrhundert, des spätklassizistischen Umbaus aus dem mittleren 19. Jahrhundert und der modernen Grundrenovierung des späten 20. Jahrhunderts.
Der Taufstein von 1595
Aber nicht nur das Gebäude selbst ist eine Besonderheit, sondern darüber hinaus befinden sich in seinem Inneren einige bemerkenswerte Sehenswürdigkeiten. An erster Stelle ist in diesem Zusammenhang der kunstvoll gestaltete Taufstein aus dem Jahre 1595 zu nennen, in dem bis heute die Michelsberger Kinder getauft werden. Aus dem Ende des 19. Jahrhunderts stammt die Kirchenorgel, die längst unter Denkmalschutz steht, deren Klang aber bis heute die Michelsberger Kirchgänger erfreut. Zu guter Letzt muß auch noch das bunte Kirchenfenster an der Ostseite erwähnt werden, was in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts angeschafft wurde und in seiner Gestaltung an Marc Chagalls berühmte Kirchenfenster erinnert.
Der Altar als Zentrum im Inneren
Geschichtlich war die Michelsberger Kirche wohl bis zu der Auflösung der Klöster in der Reformationszeit um 1527 eine Außenstelle des Jungfrauenklosters Immichenhain. Dabei ist anzunehmen, daß der erhöht liegende Kirchhof ehemals ummauert war. Ein Teil dieser Mauer ist bis heute an der Westseite der Kirche zu sehen. Zeitweise muß diese Außenstelle eine beträchtliche Größe gehabt haben, was aus den Aufzeichnungen über Heulieferungen abzuleiten ist.
Nach den Reformationswirren wurde die Michelsberger Kirche das Gotteshaus für die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Michelsberg als Teil des Kirchspiels Allendorf, wo die zuständigen Pfarrer bis heute noch wohnen. Erst im Jahre 1896 wurde die Kirchengemeinde Michelsberg ausgepfarrt und in den Stand einer selbständigen Filialgemeinde im Kirchspiel Allendorf erhoben.
Bis heute stellt die Kirche zudem einen wichtigen sozialen Mittelpunkt für die Menschen von Michelsberg dar. Denn wie schon seit Jahrhunderten, so wird die Kirche immer noch rege genutzt. So findet auch heute noch jeden Sonntag der Gottesdienst dort statt. Darüber hinaus sind hier zahllose Kinder getauft, unermeßlich viele Konfirmanden konfirmiert und unzählige Paare getraut worden. Ein Höhepunkt des Kirchenjahres stellt das Krippenspiel dar, welches jedes Jahr zu Heilig Abend von den Konfirmanden in der Kirche aufgeführt wird.
Ein winterlicher Blick auf die Michelsberger Kirche, das Unterdorf und die
Landsburg
Abschließend bleibt also festzuhalten, daß die Michelsberger Kirche seit vielen Jahrhunderten bis heute sowohl auf künstlerischem, als auch auf geschichtlichem und besonders auf sozialem Gebiet eine große Bedeutung für Michelsberg und seine Bewohner besitzt. All das verpflichtet uns, diese Perle des Dorfes auch zukünftig zu erhalten und zu schützen, so daß ihr Glanz auch in Zukunft weit über die Grenzen von Michelsberg hinweg ausstrahlen kann.
Quelle: Göbel, Andreas ( unter Zurhilfenahme eines Artikels von Heinz Wickert )